Das Herz war immer schon ein Mysterium. Schon sehr früh wurde es als Sitz unserer Empfindungen bekannt während die Niere als Ort der Gemütsbewegungen, manchmal auch als Sitz der Lebenskraft genannt wurde. Im alten Israel galt sie als Sitz des Gewissens. Die Niere ist außerdem das am häufigsten erwähnte Organ in der Bibel – über 30 mal. Immer wieder ist auch in einzelnen Passagen von der Verbindung zwischen Herz und Nieren die Rede.
In der TCM wird das Herz dem Feuer-Element (Yang) und die Niere dem Wasser-Element (Yin) zugeordnet. Zunächst könnte man meinen, sie stehen einander entgegen und haben kaum Berührungspunkte. In Wahrheit stehen sie in einer sehr engen Verbindung zueinander. Denn Yin und Yang begegnen sich in einem immerwährenden Tanz. Sie reichen einander die Hand.
In der Natur weiß jedes Prinzip um die Kraft des anderen und ehrt es, indem es sich ihm voll und ganz hingibt.
Die Sonne legt sich jeden Abend in den Schoß der Erde, um dem Mond Raum zu geben und Platz zu machen für die Yin-Energien der Nacht – wohlwissend, dass auch die Nacht ihre begrenzte Zeit hat. Alles steht miteinander in Relation. Wenn der Winter niederschlagsarm und zu warm war, wird sich dies auch in der Qualität des Sommers widerspiegeln.
Wenn sich Niere und Herz aus den Augen verlieren
Bei der Herz-Nieren-Achse ist es ähnlich. Vor allem im Sommer und im Winter zeigt sich, wenn Yin und Yang energetisch und körperlich nicht miteinander verbunden sind. Eine Schwäche im einen Organ überträgt sich auf das ihm energetisch gegenüberliegende Organ.
Eine Nierenschwäche beginnt meist mit einem geschwächten Nieren-Yang.
Die Nieren-Energie ist zu 90% yinisch. Die restlichen 10% Yang sind ein Hochofen, der dafür sorgt, dass das Verdauungsfeuer schön lodert und wir Nahrung und Eindrücke gut verdauen können.
Wodurch das Nieren-Yang geschwächt werden kann:
- Yangiger Lebensstil (zu viel Stress, zu viel Sport, zu viel Anspannung)
- Emotionale Dauerschleifen und Gedankenkarusselle (Ängste und Sorgen)
- Schicksalsschläge
- Mangelhafte Ernährung
- Konstitutionelle Nierenschwäche
Das Feuer im Hochofen wird kleiner und kleiner. Und dadurch entsteht auf Dauer Nieren-Yang-Mangel. Während im unteren Bereich des Körpers (kalter Po, kalte Knie, kalte Füße) Eiszeit herrscht, wird es im oberen Teil des Körpers wärmer. Die Hitze steigt auf – auch durch zu viel Druck („Ich muss noch schnell…“) – und manifestiert sich als zu viel Hitze im Herzen.
Symptome bei Nieren-Yang-Mangel und Herz-Feuer:
- Innere Unruhe, Rastlosigkeit, Nervosität, übermäßige Reizbarkeit
- Gleichzeitige Antriebslosigkeit und Lustlosigkeit
- Palpitationen, übermäßig empfundenes Herzklopfen, Druckgefühle im Brustkorb
- Schlafstörungen beim Einschlafen (Herz-Blut-Mangel)
- Übersteigerte Ängstlichkeit im Alltag
- Kalte Füße
- Gedrückte Stimmung
- Geschwächtes ICH
- Nächtliches Schwitzen
- Schmerzen in der Lendenwirbelsäule, in den Knien oder in anderen Gelenken
- Rheuma
- Häufiges Wasserlassen nachts
- Häufige Harnwegsinfekte
- Impotenz bei Männern, Unfruchtbarkeit bei Frauen
- Gefühl einer Leere, Sinnlosigkeit oder gar depressive Stimmung
Und nun? Was hilft:
Beruhigung, Entschleunigung, Weniger ist mehr.
Das ist oft leichter gesagt als getan. Mit Akupunktur und Kräuter lassen sich heftige Yang-Symptome oft sehr schnell eindämmen. Das Yin baut sich jedoch langsam auf. Sich damit auseinanderzusetzen, was dich rastlos werden lässt, ist allerdings das A und O und bringt auf Dauer Erleichterung. Denn meistens sind es zu hohe Ansprüche an dich selbst, Perfektionismus und Aufopferung für andere, die die Herz-Nieren-Achse aus dem Gleichgewicht bringen.
Nimm dir Zeit und frage dich:
- Nehme ich meine Seelenbedürfnisse wirklich ernst?
-
Was brauche ich um mich geborgen und genährt zu fühlen?
-
Wo bringen mich meine überstarke Anpassungsbereitschaft aus meiner Mitte?
-
Stehe ich in Kontakt mit meinen Ressourcen, Gaben und meiner inneren Fülle?
Die Wurzel des Yang ist das Yin.
Wir erinnern uns an die Öllampe. Es braucht genug Öl (Yin), damit die Flamme (Yang) lodern kann. Und es braucht genug Yin, damit wir auch Yang speichern können. Denn die Qualitäten des Yin sind unter anderem das Nähren, das Speichern und Bewahren von Kräften. Gleichzeitig besänftigt Yin als Kühlflüssigkeit (Blut und Säfte) empor loderndes Yang. Haben wir nicht genug Yin-Ressourcen zur Verfügung, brennen wir aus.
Der Schlüssel liegt darin wie wir dem Leben begegnen. Denn aus Yin (Dunkelheit, Leere, Hingabe…) als Basis entsteht Leben. Wenn wir lernen, dem Leben zu vertrauen (Die Niere liebt Vertrauen.), und unseren Sehnsüchten und Wünschen folgen (Das Herz liebt die Erfüllung von Herzenswünschen), dann können Yin und Yang ohne unser Einwirken miteinander tanzen. Dann nimmt das Herz der Niere die Last der Ängste ab und muss nicht mehr stolpern. Dann gehen sie Hand in Hand.