Lampenfieber ist oft ein ungebetener Gast in unserem Leben. In der Schule begegnete es mir ganz oft – immer dann, wenn ich vor die Klasse treten musste, um z. B. den Zauberlehrling vorzutragen, die 16 Bundesländer mit ihren Hauptstädten auswendig aufzusagen oder die Standwaage auf dem Schwebebalken zu präsentieren. Ich mochte es nicht, wenn alle Augen auf mich gerichtet waren. Und ganz ehrlich? Ich mag es auch heute noch nicht.
Ich bin jedoch überzeugt, dass Lampenfieber bis zu einem gewissen Grad auch Teil unseres Erlebens sein darf und auch seine Berechtigung hat. Und richtig kanalisiert kann die gebündelte Kraft Berge versetzen. Es ist das Stresshormon Adrenalin, das uns in Höchstform bringt, wenn wir vor einer Prüfung stehen. Am Ende ist Adrenalin aber nichts anderes als zu viel Yang. Yang gibt uns Antrieb, fördert unser Tun, will bewegt werden und Taten sprechen lassen – nichts anderes. Lampenfieber ist jedoch auch gekoppelt an Erwartungen, Versagensangst und Druck, den wir selbst aufbauen. Verbunden mit der Energie des Yang, die in allen Feldern (Umfeld, Medien, Gesellschaft, Beruf, Hobbies etc.) wirkt, kommen wir zu der beängstigenden Überzeugung: „Ich muss jetzt abliefern sonst sterbe ich.“ Denn Adrenalin signalisiert dem Körper stets: „Du bist in Gefahr!“ In der Natur gibt es verschiedene Möglichkeiten wie Tiere auf Bedrohung reagieren – entweder stellen sie sich tot (freeze), sie flüchten (flight) oder sie kämpfen (fight). Sich auf der Bühne totzustellen oder abzuhauen sind keine guten Lösungen. Und anstatt zu kämpfen braucht es jetzt die wirkende Kraft deiner Handlung. Es ist wichtig, dass du in die Handlung kommst, damit sich die Anspannung lösen kann und die Energien wieder fließen.
Typische körperliche Symptome bei Lampenfieber:
- Übelkeit (Der Körper holt sich sämtliche Energie-Reserven, um sich auf den Kampf vorzubereiten. Dies kann sich auch in unserer Verdauung widerspiegeln.)
- Hoher Puls und erhöhter Herzschlag (Yang steigt stets nach oben. Der Leber-Meridian lässt den Blutdruck steigen. Zu viel Yang macht sich vor allem auch im Herzen bemerkbar.)
- Zittrige Knie
- Mundtrockenheit (Die Körpersäfte ziehen sich nach innen zurück.)
- Nervosität (Das Yin kann das Yang nicht mehr bündeln.)
- Durchfall und Harndrang: Wenn das Herz-Feuer empor lodert (Herzklopfen, hoher Puls) müssen Dünndarm und Blase die Kaiserin, das Herz, schützen und leiten die überschüssige Hitze aus dem Körper.
- Angstschweiß/feuchte Hände: Schweiß ist die Körperflüssigkeit des Herzens. Spontanes Schwitzen ist immer ein Zeichen von Yin-Mangel. Hier ganz klar aufgrund der Aufregung (zu viel Yang).
- Rote Flecken am Hals und im Gesicht (Hitzesymptome treten nach außen.)
Was dir jetzt hilft:
- Nutze die Tage vor deinem Auftritt um dein Yin zu nähren. Mehr darüber findest du hier.
- Meide scharfe und erhitzende Nahrung. Kühlende und beruhigende Nahrung wie Reisgerichte, Suppen und Gemüseeintöpfe, saftiges, gedünstetes Gemüse, etwas Joghurt, Gurkensalat und Melone (im Sommer) tun dir jetzt gut. Wenn du keinen Hunger hast, versuche zumindest dich mit gedünstetem Obst und Suppen zu nähren.
- Tee aus Lavendel, Rosenblüten oder Hopfen beruhigen das Herz.
- Sanftes Yoga, Spaziergänge, Tanzen oder gemächliches Joggen bewegen das Leber-Qi.
- Aus der Emotional Balance (EFT): Bei Angst beklopfe den Nierenpunkt links und rechts unterhalb deines Schlüsselbeins und gebe die Energie als Information in den Meridian, die du gerne stärken möchtest, indem du einen Kraftsatz für dich formulierst, z. B. „Ich bin gelassen.“ An diesem Punkt kreuzen sich das Sternum (Brustbein), das Schlüsselbein und die erste Rippe.
- Wenn du unter Mundtrockenheit leidest, dann nimm vor deinem Auftritt einen kleinen Teelöffel Kokosöl in den Mund und befeuchte deine Schleimhäute.
- Das „Om“ tönen bringt die Energien zurück in dein Becken und aktiviert deine Stimmbänder.
- Bewege dich kurz vorher noch einmal, gehe spazieren, tanze oder hüpfe, damit sich die gestauten Yang-Energien bewegen können.
- Ein Tipp von meiner Freundin und Stimmtrainerin Verena: Während des Vortrags balle deine Hände zu einer Faust, spanne sie an und lass wieder los. Das kannst du auch mit deinen Pobacken machen. 😉
- Der Atem ist der Schlüssel, der dich wieder zentriert und in deinen Körper bringt. Meistens atmen wir bei Aufregung zu wenig aus. Nimm dir noch einen Augenblick Zeit um bewusst zu atmen. Richte deinen Fokus auf das Ausatmen. Atme 4 Sekunden lang ein und 8 Sekunden lang aus. Wiederhole dies mehrmals.
- Ein absolutes Last-Minute-Tool ist der Akupunkturpunkt Herz 7 (Tor des Bewusstseins). Wenn du ihn sanft im Uhrzeigersinn oder pulsierend massierst, wirkt er beruhigend. Er hilft bei Herzklopfern, Bluthochdruck, Einschlafproblemen, innerer Unruhe und Nervosität. Mit etwas Lavendelöl unterstützt die Akupressur deine Klarheit und beruhigt den Geist.

Nach dem Auftritt
Meistens ist der Körper nach deinem Auftritt oder der Prüfung noch voller Adrenalin, so dass du nachts möglicherweise nicht gleich einschlafen kannst. Ein beruhigender Tee und frische Luft können hier wahre Wunder bewirken. Wichtig ist, dass du danach dein Yin wieder richtig nährst #yinfirst. Schlaf vor 23 Uhr und Selbstfürsorge sind das A und das O. Erlaube dir wieder Langsamkeit und viele Pausen.
Weichheit statt Härte
Wenn ich dir eines mitgeben möchte, dann ist es das: Mache dich frei von zu hohen Erwartungen an dich selbst. Denn diese setzen dich unter Leistungsdruck. Und diese sind wie trockenes Stroh für das lodernde Yang-Feuer. Zu viel Adrenalin und das Stresshormon Cortisol brennen dich auf Dauer aus. Deshalb ist es besonders wichtig zu reflektieren, warum du in bestimmten Situationen immer wieder in Stress gerätst. Beginne, deine yangigen Strategien (Kontrolle, Erfolgsstreben, Strenge und Härte) zu entlarven. Die yinischen Qualitäten von Weichheit, Intuition und Vertrauen sind wie eine wohltuende Medizin bei Perfektionismus, Scham und Leistungsdruck.
Das Yin als Anker in ungewissen Situationen
Je mehr du dem Yin in deinem Alltag Raum gibst, desto mehr Vertrauen wirst du in deinen individuellen Weg und das Leben gewinnen. Denn Vertrauen ist eine urweibliche Qualität, die sich vor allem durch die yinische Weise nährt und aufbaut. Deine Intuition und dein Fühlen sind wie ein Nährboden, der dich in ungewissen Situationen immer präsenter und wacher werden lassen. Es sind deine Wurzeln, die dir Halt und Geborgenheit schenken – auch dann, wenn es scheinbar unsicher wird.
Wie wäre es, wenn du deinen Blick mehr auf die Dinge richtest, die du bereits erreicht hast? Wie wäre es mit einem fürsorglichen und ehrlich gemeinten „Ich bin genug“ oder „Ich bin sicher“. Diese Sätze lösen bereits jede Menge Anspannung, erinnern dich an deinen Wert und relativieren jegliche Art von Bedrohung.
Und daran erinnere ich dich gerade jetzt in diesem Augenblick: Du bist genug!